Geschichte des Dolmetschens Teil 1

Die Ursprünge der Dolmetschtätigkeit sind bereits im Alten Testament („Josef und seine Brüder“) zu finden und lassen sich bis in die Zeit der 6. Dynastie des ägyptischen Alten Reiches zurückverfolgen (vgl. Snell-Hornby, Hönig, Kußmaul, Schmitt, 2005:43).

Während in der europäischen Diplomatie die ersten Dolmetscher erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts auftraten, wurden bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts Dolmetscher für orientalische Sprachen gebraucht. Der französische als auch der Wiener Hof schickten für ihre Beziehungen mit der Türkei sogenannte „Sprachknaben“ („enfants de langue“) in den Nahen Osten, damit sie dort die Sprache erlernten. Einer von ihnen war der junge Penckher. Nach acht Jahren im Nahen Osten kehrte er 1726 nach Wien zurück, wo er als Kaiserlicher Hofdolmetscher und Sekretär in Orientalicis arbeitete. Als Diplomat kehrte er 1731 in die Türkei zurück und wurde nach zwanzig Jahren ausgezeichneter Dienste in Wien geadelt (43).

Zur Förderung des Handels gründete auch die Kaiserin Maria Theresia 1754 die Orientalische Akademie, an der einige Hofdolmetscher und Orientalisten ausgebildet wurden, darunter der bekannte Joseph von Hammer-Purgstall (43 f.).

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts führte die wachsende Demokratisierung Europas schließlich auch zu einer zunehmenden Nachfrage nach Dolmetschern für europäische Sprachen. So führte 1898 beispielsweise der Berufsdolmetscher Arthur Ferguson die Pariser Friedensverhandlungen zwischen Spanien und den Vereinigten Staaten auf Englisch und Spanisch. Während man sich (bis zum Zweiten Weltkrieg) bei vielen multilateralen Konferenzen noch auf die Einheitssprache Französisch einigte, wurden Dolmetscher v. a. für bilaterale Verhandlungen benötigt, da die Gesprächspartner in ihrer jeweiligen Sprache verhandelten (43).

Die ersten Ausbildungsstätten für Dolmetscher entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: An der Humboldt Universität in Berlin wurden Dolmetscher für Russisch ausgebildet, im britischen Foreign Office Dolmetscher für Chinesisch und Japanisch und am US Department of State wurde die Kategorie „student-interpreters“ eingeführt. Die Ausbildung von Konferenzdolmetschern, die lange Reden und Gesprächsabschnitte dolmetschen, hat ihren Ursprung jedoch erst im Jahr 1921 im Auswärtigen Amt in Berlin. Unter den Auszubildenden befanden sich v. a. Jura- und Neuphilologie-Studenten der Berliner Universität. Eine weitere Aufteilung der verschiedenen Dolmetschdisziplinen wurde erst viel später vorgenommen (44).

Quelle:

Snell-Hornby, Mary; Hönig, Hans G.; Kußmaul, Paul; Schmitt, Peter A., (2005), Handbuch Translation, Tübingen, Stauffenburg Verlag Brigitte Narr GmbH

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