Nach 13 Jahren Schwobeländle verschlug es meine Familie und mich ins Saarland, von dem ich bis dato nicht viel wusste. Auf meine Frage „Wie reden die Saarländer eigentlich?“ erntete ich nur ratloses Schulterzucken oder die Gegenfrage „Kennst du nicht Heinz Becker?“. Da mir besagter Herr unbekannt war, ließ ich mich völlig unwissend auf das Abenteuer ein.
Als mittlerweile eingeheiratete und voll integrierte Saarländerin weiß ich, dass nicht alle Saarländer (eigentlich nur Kassierer(innen) und Servicepersonal) perfekt Französisch sprechen und dass es im kleinsten (und natürlich schönsten!) Bundesland der Welt gefühlt tausend verschiedene saarländische Dialekte gibt, die sich teilweise sogar von Dorf zu Dorf unterscheiden. Sie gehören alle zum Westmitteldeutschen und lassen sich grob in das Rheinfränkische und das Moselfränkische unterteilen. Die Grenze zwischen diesen Beiden, die sogenannte „das-dat-Linie“, verläuft von Südwesten (Völklingen) bis in den Nordosten (St. Wendel). So kann es passieren, dass man nach jahrelangem hartem Training voller Stolz auf den erworbenen saarländischen Wortschatz zum nachmittäglichen Kaffeetrinken der zukünftigen Schwiegereltern fährt, dort zum ersten Mal auf die nordsaarländische Mischpoke trifft und bedrückt feststellen muss, dass man gerade mal einen Bruchteil der sowieso recht kleinen Bevölkerung problemlos versteht.
Dass ich jetzt schon mehrmals erwähnt habe, dass das Saarland klein ist, ist genau genommen ein unverzeihlicher Fehler. Die Saarländer sind (zu Recht) sehr stolz auf ihr Bundesland und hören ungern Schlechtes darüber. Selbst ich als Neigschmeckte – um mal ein wenig Schwäbisch einfließen zu lassen – fühle mich schon persönlich angegriffen, wenn in meiner Gegenwart über das Saarland gelästert wird. Diesen Patriotismus musste unlängst auch der bayrische Ministerpräsident nach einer unbedachten Bemerkung am eigenen Leib erfahren. Schließlich gab er nach und sagte Frau Kramp-Karrenbauer einer Saarland-Fahrradtour zu.
Ein besonders interessanter Aspekt ist die Anerkennung des Hochdeutschen. Redet man – egal ob als Saarländer oder Nicht-Saarländer – im Saarland hochdeutsch, gilt man in den meisten Fällen als hochnäsig und besserwisserisch. Kaum ist ein Saarländer jedoch im „Reich“ (Rest Deutschlands), ist ihm sein Dialekt eher etwas peinlich und er versucht, hochdeutsch zu reden – was ihm ab und an etwas schwer fällt. Ist es nicht der Dialekt an sich, der ihn verrät, so sind es die französischen Einflüsse, die in den Ohren der Deutschen falsch klingen („Ich habe kalt.“).
Diesen bescheidenen Patriotismus, die saarländische Retschbaas, das Schwenken uffm Dorf am Wucheend, em Hansi sei Urpils – all das schließt man entweder für immer in sein Herz oder es verschlägt einen nach nicht allzu langer Zeit wieder „zurück ins Reich“.