Die Bilder der Rede Obamas anlässlich der Trauerfeier für Nelson Mandela gingen um die Welt. Seitdem ist der peinliche Auftritt des Gebärdensprachdolmetschers Thamsanqa Jantjie in aller Munde. Seine Gesten, die er immer wiederholte, hatten keinerlei Bedeutung. Seine Begründung dafür ist eine schizophrene Phase, die – [nbsp]womöglich ausgelöst durch die Aufregung – auf der Bühne plötzlich ausbrach.
Doch was steckt eigentlich hinter der Arbeit der Gebärdensprachdolmetscher?
Es gibt nicht die eine international verständliche Gebärdensprache, sondern nationale Unterschiede in Grammatik, Dialekt und Soziolekt. Allerdings herrschen grammatikalische Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Gebärdensprachen, während sich die Grammatik der gesprochenen Sprachen von derjenigen der Gebärdensprachen unterscheidet.
Neben den „natürlichen“ Gebärdensprachen, die im Alltag von Gehörlosen verwendet werden, gibt es künstliche Manualsysteme. Diese wurden für pädagogische Zwecke von Hörenden erfunden. Sie basieren auf der Grammatik der gesprochenen Sprachen sowie auf den Lexika der jeweiligen Gebärdensprache. In den deutschsprachigen Ländern heißt dieses Manualsystem „Lautsprachbegleitendes Gebärden“ (LBG). Da es bestimmte Situationen gibt, in denen auch Gehörlose dieses System anwenden, müssen Gebärdensprachdolmetscher beide Methoden lernen. In der Praxis wird meist simultan, in manchen Fällen auch konsekutiv, gedolmetscht.
Da das Lippenlesen auch für Gehörlose sehr schwierig ist und häufig mit Informationsverlust und Missverständnissen einhergeht, gibt es viele Einsatzgebiete für diese Berufsgruppe der Dolmetscher. Ein besonders wichtiges und sich ausweitendes Gebiet ist der Bildungsbereich. Gehörlose möchten nicht (mehr) auf ein stark begrenztes Feld von Berufen angewiesen sein, sondern mehr Auswahlmöglichkeiten bezüglich ihrer Ausbildung haben. Somit wird das Dolmetschen in Schulen, Berufsschulen, weiterführenden Schulen und an Universitäten immer wichtiger. Des Weiteren stellen Gehörlosenvereine häufig Dolmetscher ein, die außerdem Aufgabengebiete wie Organisation, Sekretariat und Beratung innehaben. Aufträge werden natürlich auch für die Übertragung von Fachvorträgen und Konferenzen vergeben. Das bekannteste aber kleinste Einsatzgebiet ist das Dolmetschen für die Bereiche Politik, Religion und Medien. Doch auch dieser Bereich ist im Wachstum.
Das Gebärdensprachdolmetschen ist somit nicht nur sehr anspruchsvoll, sondern auch ein Beruf mit Wachstumspotential.
Quellen:
Snell-Hornby, Mary; Hönig, Hans G.; Kußmaul, Paul; Schmitt, Peter A., (2005), Handbuch Translation, Tübingen, Stauffenburg Verlag Brigitte Narr GmbH