Wer sich mit Sprache beschäftigt, dem ist bewusst, dass sie nicht einheitlich ist. Das gilt für das Deutsche genauso wie für andere Sprachen. Die meisten Sprachen entwickeln sich über einen mehr oder minder langen Zeitraum und verändern sich stetig. Kunstsprachen wie das Esperanto setzen sich zumeist nicht durch. Aber auch zum selben Zeitpunkt gibt es unterschiedliche Varietäten einer Sprache.
Zuhause mit der Familie und mit Freunden sprechen wir anders als mit dem Chef, in einem Brief drücken wir uns anders aus als in einem Gespräch. Und wer auf der Schwäbischen Alb aufgewachsen ist, dem wird man das zumeist anhören – oder einem waschechten Berliner.
Unterschiede auch im Vokabular
Dabei ist der nicht nur die Aussprache, die uns Deutsche voneinander unterscheidet. Auch das Vokabular ist nicht im ganzen deutschsprachigen Raum identisch. Mit Marmelade oder Pflaumenmus gefülltes Fettgebäck – heißt das bei Ihnen Berliner? Oder Pfannkuchen? Oder doch Krapfen? Dies ist nur eines von zahlreichen Beispielen und wer sich vor allem mit Menschen eines ähnlichen regionalen Hintergrunds umgibt, merkt solche Unterschiede erst im Kontakt mit „Fremden“. Den Fehler, in den Neuen Bundesländern ein Jägerschnitzel zu bestellen, macht man jedenfalls nur einmal.
Studie zur Vielfalt der deutschen Sprache
Die Universität Salzburg und die Université de Liège arbeiten seit vielen Jahren am „Atlas zur deutschen Alltagssprache“ und versuchen, genau die angesprochenen regionalen Varianten der deutschen Sprache zu erfassen. In aufwändigen Umfragerunden, an denen jeder teilnehmen kann, werden sprachliche Besonderheiten abgefragt. Oft arbeiten die Initiatoren der Studie, Prof. Dr. Stephan Elspaß und Prof Dr. Robert Möller mit Bildern, um Missverständnisse zu vermeiden. Teilnehmer können sich dann bei der Benennung für eine der angebotenen Antwortmöglichkeiten entscheiden oder eine eigene regionale Variante angeben.
Mitmachen erwünscht
Aktuell läuft die elfte Umfragerunde, die sich mit zahlreichen Speisen, aber auch sprachlichen Wendungen und Betonungen befasst. Viele der gefragten Punkte sind für uns völlig selbstverständlich – bis wir aufgefordert werden, darüber nachzudenken. Wenn Sie zu Fuß unterwegs sind, nutzen Sie dann den Fußweg, den Gehweg, den Bürgersteig – oder doch eher den Fußsteig oder das Trottoir?
Die Ergebnisse der Studie werden Ihnen auf Wunsch per E-Mail zugeschickt. Auf der Internetseite www.atlas-alltagssprache.de können Sie auch die Ergebnisse der vergangenen Umfragerunden einsehen. Diese sind grafisch aufbereitet, beinhalten häufig noch weitere Erklärungen und zeigen teils klare Sprachgrenzen auf. Schauen Sie sich doch mal die Karte „Brötchen/Semmel“ aus der neunten Runde an – vielleicht finden Sie ja noch ein Wort, das Sie noch nicht kannten?
P.S.: In der Tat werden im Atlas der deutschen Alltagssprache nicht nur die Varietäten der deutschen Sprache in Deutschland, sondern auch in Österreich, Luxemburg und der Schweiz erfasst.