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Ferndolmetschen: Mündliches Übersetzen per Telefon oder Video

Ferndolmetschen Remote Interpreting

Nicht immer steht im Falle von Verständigungsschwierigkeiten ein Dolmetscher vor Ort zur Verfügung. Bei spontanen Problemen oder großer Entfernung (bei oft nur kurzen Einsätzen) ist auch eine Sprachübertragung per Telefon oder Videochat möglich. Hier spricht man vom Ferndolmetschen. Besonders Dolmetscher seltener Sprachen können nicht immer zu ihren Einsätzen anreisen, eine Tätigkeit aus der Ferne kann darum empfehlenswert sein. Das Dolmetschen aus der Ferne nennt man „Remote Interpreting“ oder „Distance Interpreting“.

Wie funktioniert Remote Interpreting?

Beim Dolmetschen aus der Entfernung sind im Normalfall die Gesprächspartner in einem Raum und der Dolmetscher wird per Telefon oder Videotelefonat zugeschaltet.

Durch den Zuzug vor allem von Asylbewerben ohne ausreichende Sprachkenntnisse ist es in Deutschland immer häufig notwendig geworden, Dolmetscher hinzuzuziehen. Das betrifft hauptsächlich Gesprächssituationen in Ämtern oder beim Arzt. Mit steigender Menge an Bedarfsfällen ist jedoch die Anzahl ausgebildeter Dolmetscher in den Bedarfssprachen nicht ausreichend gestiegen. Aus Kosten- oder Zeitgründen ist darum ein Dolmetschen aus der Ferne oft die einzige Möglichkeit, einen Dolmetscher zu beauftragen.

In diesen Situationen ist Ferndolmetschen nützlich

Bei kurzen Gesprächen, die häufig nach einer bestimmten Routine ablaufen, die – im Idealfall – auch dem Kunden oder Patienten bekannt ist, ist das Ferndolmetschen besonders hilfreich. Hier finden weniger Rückfragen statt, es müssen oft weniger komplizierte Sachverhalte geklärt werden. Das kommt gleichzeitig auch daher, dass derartige Termine weniger emotional verlaufen und sich alle Seiten besser darauf vorbereiten können.

Außerdem ist die Kommunikation per (Video-)Telefonie auch dann die beste Wahl, wenn in der Kürze der Zeit kein Dolmetscher für das Dolmetschen vor Ort bestellt werden kann, beispielsweise weil es sich um eine seltene Sprache handelt oder um einen Notfall.

Bei diesen Gesprächen kann Ferndolmetschen helfen:

In der Schweiz beispielsweise kann über den nationalen Telefondolmetschdienst innerhalb weniger Minuten ein Ferndolmetscher für über 50 Sprachen zur Verfügung gestellt werden.

Anwendung von Ferndolmetschen im Gesundheitswesen

Gerade bei kurzen Gesprächen, wie beim Arzt oder im Krankenhaus, wird häufig kein Dolmetscher hinzugezogen. Stattdessen übernimmt dessen Aufgaben zu oft ein Familienmitglied oder Freund, der sowohl die Sprache des Patienten als auch die des behandelnden Arztes oder des Fachpersonals beherrscht. Dies ist sehr riskant, da eine entsprechende Vor- oder Ausbildung fehlt und nur allzu häufig Fehler passieren. Fragen werden möglicherweise aus Rücksicht auf den Patienten nicht korrekt übersetzt, Antworten aus Schamgefühl gekürzt oder geschönt.

Bei einer Geburt handelt es sich in der Regel zwar nicht um einen Notfall, aber dennoch um ein nicht immer planbares Ereignis. Das daran anschließende Wochenbett erfordert ebenfalls ausführliche und teils intime Gespräche. Haben Hebamme und Wöchnerin keine gemeinsamen Sprache, kann ein Telefondolmetscher dabei helfen, die Gesundheit des Babys und der Mutter sicherzustellen.

Im Gesundheitsbereich, aber auch generell beim Ferndolmetschen, ist es besonders wichtig, dass ausgebildete Dolmetscher zum Einsatz kommen, um dem Patienten bestmöglich zu helfen und dem medizinischen Personal die richtige Behandlung zu ermöglichen. Eine Dolmetschtätigkeit kann hier, wenn schon nicht durch einen Dolmetscher vor Ort, auch telefonisch oder per Videotelefonie stattfinden.

Telefondolmetschen für Gehörlose

Was auf den ersten Blick absurd erscheint, kann in wichtigen Situationen entscheidend sein: Auch Gehörlose können die Dienste eines Telefondolmetschers nutzen. Dieser dolmetscht dann in Gebärdensprache und ist mit der gehörlosen oder hörbehinderten Person per Videochat verbunden, während er mit dem Hörenden spricht. In anderen Fällen sind die gehörlose Person und der Dolmetscher gemeinsam in einem Raum und telefonieren mit dem Ansprechpartner.

Das kann sogar im beruflichen Bereich weiterhelfen, beispielsweise für die Kommunikation unter Arbeitskollegen.

Schnelle Hilfe im Ausland

Auch wenn Übersetzungsapps mittlerweile bei vielem helfen können, gibt es auch im Ausland Situationen, bei denen man auf Gewissheit und Korrektheit der Übersetzungen angewiesen ist. Auch hier kann ein Telefondolmetscher angerufen werden, um verlässliche Informationen zu erhalten. Wer beispielsweise im Urlaub zum Arzt muss, muss keine Angst mehr haben, nicht zu verstehen, was mit ihm geschieht.

Ferndolmetschen nicht immer hilfreich

Der BDÜ empfiehlt, das Ferndolmetschen besser nicht zu nutzen, wenn der Dolmetscher aufgrund der Gesprächssituation nicht alle wichtigen Informationen einsehen kann. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn viel mit Texten (wie Formularen oder Einverständniserklärungen) oder Bildern gearbeitet wird.

Auch in der Psychotherapie oder anderen Situationen, die emotional oder konfliktbeladen sein können, sollte der Dolmetscher besser vor Ort sein, um das Geschehen jederzeit richtig einordnen zu können.

Je mehr Personen am Gespräch beteiligt sind, desto weniger kann ein Remotedolmetscher die Situation überblicken und hilfreich dolmetschen. Ebenso stören laute Umgebungsgeräusche die Arbeitsqualität des Sprachmittlers. Manchmal gibt es aber trotz Bemühungen auch in derart eingeschränkten Situationen keine andere Möglichkeit zur Sprachmittlung. Daher sollte besser immer ein Telefondolmetscher herangezogen werden, als ohne kompetente Sprachdienstleister zu arbeiten.

Technische Anforderungen und Datenschutz

Wer einmalig oder nur selten Klienten empfängt, bei denen das Ferndolmetschen nötig ist, muss eventuell noch die nötige Arbeitsumgebung einrichten. Wichtig ist es, die technische Ausrüstung stets funktionstüchtig zu halten. Dazu gehört auch eine verlässliche und sichere Verbindung. Außerdem muss der Datenschutz geklärt sein, hier sollte also eine entsprechende Software genutzt und ggf. Einverständnisformulare bereitgehalten werden.

Telefondolmetscher werden

Dolmetscher, die zusätzlich auch als Ferndolmetscher tätig werden möchten, sollten eine entsprechende Fortbildung besuchen. Hier werden die nötigen Technologien vorgestellt, aber auch auf die besonderen Ansprüche beim Remotedolmetschen aufmerksam gemacht. Dazu gehören auch Techniken zur Gesprächsführung – gerade wenn man seine Gesprächspartner nicht sehen kann sowie die richtige Vorbereitung auf einen Einsatz.

 

Quellen:

BDÜ: Positionspapier „Zum Telefon- und Videodolmetschenim Gemeinwesen und im Gesundheitswesen“, https://bdue.de/fileadmin/files/PDF/Positionspapiere/BDUe_PP_Telefon-_und_Videodolmetschen_im_Gemein-_und_Gesundheitswesen_2018.pdf

Berufsverband der GebärdensprachdolmetscherInnen Bayern e.V.: „Ferndolmetschen und Telefondolmetschen“ , http://www.bgsd-bayern.de/Gebaerdensprach-dolmetschen/Dolmetscharten-und-Einsatzbereiche/Ferndolmetschen-und-Telefondolmetschen/

Stadt Zürich: „Telefondolmetschen: Sprachbarrieren in der perinatalen Betreuung überwinden“, https://www.baslerhebamme.ch/wp-content/uploads/2017/07/Einladung-Fortbildung-Familystart-Telefondolmetscher.pdf

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