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Geschichte des Dolmetschens Teil 3 – Rolle und soziale Stellung der Dolmetscher

Früher waren Dolmetscher oft Sklaven oder Gefangene, gehörten häufig Minderheiten und unterworfenen Völkern an, die sich die Sprache der Herrscher angeeignet hatten. In den USA und in Kanada stammten viele Dolmetscher, die zwischen Einheimischen und Einwanderern vermittelten, aus Mischehen. Doch auch bei Empfängen der US-Bundesregierung für Delegierte aus dem Westen wurden Dolmetscher benötigt (vgl. Snell-Hornby, Hönig, Kußmaul, Schmitt, 2005:45).

Auf der AIIC-Konferenz in Montreal im Jahr 1997 gab es eine Ausstellung, die die unterschiedliche Herkunft sowie die verschiedenen Interessen und Vorbildungen der Dolmetscher im Laufe der Geschichte aufzeigte: Neben Dolmetschern niedrigen Standes gab es auch viele Gebildete und Adelige, die Fremdsprachen studierten, und als Dolmetscher arbeiteten, wie z. B. Thomas Nádasdy, ein ungarischer Edelmann, der bei der Verhandlung über die Abwehr der Türkengefahr zwischen König Ludwig II. und dem Kardinal Thomas de Vio Cajetano für letzteren dolmetschte. Außerdem waren Geistliche, wie z. B. Nicole d’Acre auf dem Sechsten Kreuzzug, und Diplomaten, wie Heinrich von Penckher (siehe Artikel „Geschichte des Dolmetschens Teil 1“) als Dolmetscher tätig. Ein bekannter Diplomat, Baron Sonnino, italienischer Außenminister, dolmetschte 1919 auf der Pariser Friedenskonferenz. Andere Dolmetscher stammten beispielsweise aus reichen Kaufmannsfamilien oder waren vorher als Schriftsteller tätig (45).

Dass den Dolmetschern jedoch nicht blind vertraut wurde, lässt sich daran erkennen, dass für Verhandlungen jede Seite seinen eigenen Dolmetscher mitbrachte. Dadurch sollte gewährleistet werden, dass alles Gesagte korrekt und neutral in die jeweilige Sprache übertragen wird. Auf der anderen Seite wurde von den Dolmetschern jedoch auch verlangt, dass sie unüberlegte und unsachliche Aussagen abschwächten. Gelang ihnen dies nicht, mussten sie sich gegebenenfalls die Schuld für solche emotionalen Ausbrüche zuweisen lassen (46).

Bei den Vereinten Nationen sowie der Europäischen Union sind Dolmetscher (und Übersetzer) heutzutage „internationale Beamte“. Damit sind sie dem Völkerbund, nicht jedoch dem Land, unterstellt (46).

Quelle:

Snell-Hornby, Mary; Hönig, Hans G.; Kußmaul, Paul; Schmitt, Peter A., (2005), Handbuch Translation, Tübingen, Stauffenburg Verlag Brigitte Narr GmbH

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