Den Sinn eines Textes zu begreifen und in eine andere Sprache zu übertragen ist der Hauptaspekt bei einer Übersetzung. Um ein sehr gutes Ergebnis zu liefern, müssen aber noch weitere Faktoren beachtet werden: Ein angemessener Stil spielt genauso eine Rolle wie die korrekte Rechtschreibung und die Wahl der richtigen Wörter. Wenn ein Übersetzer all dies beachtet, steht einem sehr guten Arbeitsergebnis nichts im Wege. Manchmal ist „sehr gut“ aber nicht gut genug – Perfektion ist gefragt. Doch ist es überhaupt möglich, eine „perfekte“ Übersetzung anzufertigen?
Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst geklärt werden, was genau „perfekt“ eigentlich bedeutet. Der Duden definiert den Begriff schlicht als „frei von Mängeln“, also ohne jeglichen Fehler. Nach dieser Definition scheint es möglich, eine perfekte Übersetzung abzuliefern: Sind alle Begriffe korrekt erfasst und übertragen? Stimmen Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung? Sind etwaige Formatierungen dem Original entsprechend enthalten? Wurden alle Besonderheiten hinsichtlich Kunde, Thema und Textart beachtet? Wenn der Übersetzer keine Fehler gemacht hat, scheint die Übersetzung also „perfekt“ zu sein.
Ganz so einfach ist es jedoch in der Praxis nicht. Als zweiten Hinweis nennt der Duden zur Erläuterung von „perfekt“ das Wort „vollkommen“. Und dieser Begriff lässt sich nicht so genau festhalten wie beispielsweise die Regeln der Zeichensetzung. Vollkommenheit ist nicht nur die Abwesenheit von Fehlern, sondern ein zu 100 Prozent zufriedenstellendes Ergebnis, das einfach absolut gefällt. Da jeder Mensch – und damit jeder Übersetzer – jedoch etwas anders tickt, liegt Vollkommenheit immer im Auge des Betrachters.
Jeder Mensch hat seine Vorlieben, und das in jedem Bereich seines Lebens: von Musik über Ernährung bis hin zu Kleidung. Textgestaltung macht hier keine Ausnahme. Manche bevorzugen einen aktiven Stil, andere einen passiven. Manche mögen es, wenn ein Text aus vielen langen Sätzen besteht, andere setzen öfter einen Punkt. Es gibt Tausende von Kleinigkeiten, die alle richtig sind und gültige Alternativen darstellen. Und so kann es sein, dass jemandem eine Übersetzung, obwohl sie „perfekt“ im Sinne von „frei von Mängeln“ ist, trotzdem nicht gefällt, weil der Übersetzer hinsichtlich bestimmter Aspekte einfach andere Vorstellungen hat.
Die „perfekte“ Übersetzung im Sinne eines „vollkommenen“ Textes, der jeden gleichermaßen anspricht, gibt es also nicht. Der Dialog zwischen Kunde und Übersetzer kann jedoch dafür sorgen, ein für alle Seiten sehr gutes Ergebnis zu erzielen, das nicht nur „frei von Mängeln“ ist, sondern Vollkommenheit zumindest anstrebt.