Nicht nur bei Übersetzungen, auch in Sprachkursen oder bei Nachhilfelehrern wird oft mit Muttersprachlern geworben. Das Muttersprachenprinzip gilt darüber hinaus als ein Qualitätsmerkmal beim Übersetzen, auch bei Leginda. Das bedeutet, dass die Muttersprachler in die eigene Muttersprache übersetzen, nicht in die Fremdsprache. Aber warum ist das so wichtig?
Wer gilt als Muttersprachler?
„Muttersprache“ ist ein schwieriger Begriff, da er suggeriert, dass es sich um die Sprache handelt, die von der Mutter gesprochen und an das Kind weitergegeben wurde. Gerade bei Familien, die in einem Land leben, in dem mehrere Sprachen gesprochen werden oder in dem nicht die Sprache der Eltern gesprochen wird, kann die Muttersprache aber auch eine andere Sprache sein. Genauso betrifft die Problematik Familien, in denen die Eltern nicht die gleiche Sprache sprechen.
Tatsächlich wird heute in der Forschung lieber von „Erstsprache“ oder auch L1 gesprochen. Das meint die erste in der Kindheit erlernte Sprache – unabhängig davon, in welchem Kontext sie erlernt wurde.
Die Muttersprache muss nicht immer die Sprache sein, die eine Person, besonders ein Erwachsener, am besten spricht oder schreibt. Wer in einer Umgebung wohnt, in der die eigene Muttersprache nicht genutzt wird, kann in einer weiteren Sprache so hohe Kompetenz erlangen, dass diese besser gesprochen wird als die Erstsprache.
Diese Vorteile haben Muttersprachler gegenüber anderen Sprechern
Das Muttersprachenprinzip wird sowohl beim Dolmetschen als auch beim Übersetzen angewandt. Einige Vorteile liegen dabei auf der Hand:
In die eigene Muttersprache übersetzt es sich in der Regel schneller, weil der Wortschatz größer ist und nur selten Formulierungsschwierigkeiten auftreten. Wer in die Fremdsprache übersetzt, muss – trotz sehr hoher Sprachkompetenz – öfter Begriffe nachschlagen oder sich bei der Grammatik absichern. Das führt häufiger zu Fehlern.
Dieser intuitive Sprachgebrauch bietet auch Vorteile bei figurativen Bedeutungen oder in der Umgangssprache. Auch wenn Online-Wörterbücher und Übersetzungstools – die von Übersetzern selbstverständlich genutzt werden – in den letzten Jahren besser geworden sind, können schlecht übersetzte oder genutzte Sprichwörter einen Text ruinieren. Muttersprachlern passiert das seltener – sofern sie die figurative Bedeutung des Ausgangstextes verstehen.
Auch im Bereich der Suchmaschinenoptimierung (SEO) können Muttersprachler Produkte oft besser und treffender beschreiben, ohne dass der Text konstruiert klingt.
Weitere Kriterien für gute Übersetzer
Die Reihenfolge, in welcher Sprachen erlernt wurden, ist aber nicht das einzige Kriterium, nach welchem Übersetzer für einen Auftrag ausgewählt werden oder werden sollten.
Arbeit nach dem Ziellandprinzip
Neben dem Muttersprachenprinzip gibt es das Ziellandprinzip, das bei Übersetzungen ein besonderes Qualitätsmerkmal darstellt: Der Übersetzer lebt in dem Land, in dessen Sprache er übersetzt. So geht man davon aus, dass die Sprache auch im Alltag aktiv genutzt wird und sprachliche sowie kulturelle Entwicklungen mit vollzogen werden. Das Ziel ist ein aktueller Sprachgebrauch und eine hohe Sprachkompetenz.
Passende Fachkenntnisse & Berufserfahrung
Alleine das Beherrschen einer Sprache als Muttersprache sagt nichts über erworbene Fachkenntnisse oder die Schreibkompetenz eines Übersetzers aus. Da Übersetzer als Beruf kein geschützter Begriff ist, kann jeder sich so nennen. Je nach Auftrag sollten darum auch entsprechende Fachkenntnisse vorhanden sein und der Schreibstil dem Thema angemessen sein.
Das bedeutet auch, dass nicht jeder automatisch dolmetschen oder übersetzen kann, nur weil er mehr als eine Sprache beherrscht, selbst wenn beide auf einem hohen Niveau gesprochen werden. Das zeigt sich besonders gravierend dann, wenn Familienmitglieder als Laiendolmetscher, beispielsweise beim Arzt oder Amt, fungieren. Mangelnde Kenntnis der Fachbegriffe oder der Arbeitsabläufe in der jeweiligen Umgebung können zur Weitergabe falscher Informationen und zu Unsicherheit führen.
Übersetzen Muttersprachler also besser?
Eine qualitativ hochwertige Übersetzung muss nicht zwangsläufig von einem Muttersprachler angefertigt werden. Einem schlechten Übersetzer nützt es nichts, Muttersprachler zu sein. Ein gut ausgebildeter Übersetzer mit hoher Sprach- und Fachkompetenz kann jedoch auch sehr gute Qualität bei der Übersetzung in eine Fremdsprache liefern.
Gerade bei besonders anspruchsvollen Texten in der Ausgangssprache kann es nützlich sein, aus der eigenen Muttersprache zu übersetzen. Ein besseres Textverständnis sorgt dann dafür, bei den Formulierungen in der Zielsprache die richtigen Worte zu finden.
Besonders in der Werbung und Literatur wird davon ausgegangen, dass Muttersprachler bessere Übersetzer sind als Nicht-Muttersprachler. Bei anderen Textsorten oder Fachrichtungen können andere Kriterien überwiegen.
Wichtig ist, dass neben dem Muttersprachenprinzip weitere Maßnahmen zur Qualitätssicherung beim Übersetzen getroffen werden. Das Ziellandprinzip ist eine davon, dazu kommen Berufserfahrung sowie die Eigenüberprüfung. Auch eine Fremdüberprüfung kann als zusätzliche Leistung bei Übersetzungen gebucht werden und die Qualität so absichern.