Intertextualität bedeutet, dass in einem Text ein anderer, früher entstandener, Text mehr oder weniger offensichtlich präsent ist. Dies können Lieder, (Volks-)Märchen, Legenden, Belletristik oder Sachtexte sein (vgl. Fischer, 2006:192).
Autoren wenden Intertextualität sowohl in Form von direkten Zitaten an als auch indirekt, z. B. durch die Nennung eines bekannten Buchtitels, ein unvollständiges Zitat oder eine Anspielung. Weitere Formen der Intertextualität sind Zusammenfassungen des Inhaltes eines anderen Werkes, Erwähnungen literarischer Figuren und ihrer Schicksale sowie Parodien. Oftmals schreiben Schriftsteller auch ihre eigene Interpretation von bekannten Werken, wie z. B. Der neue Pinocchio von Christine Nöstlinger (194).
Im Nachhinein ist es allerdings schwierig herauszufinden, ob ein Autor Intertextualität bewusst oder unbewusst angewandt hat. Im letzteren Fall wäre ein Werk schon so stark im Unterbewusstsein des Autors verankert, dass er es unbewusst mit einfließen lässt (194 f.).
Da es in Ausgangs- und Zielsprachenkultur unterschiedliche Werke gibt, kann Intertextualität Schwierigkeiten bei der Übersetzung hervorrufen. Dies hängt v. a. davon ab, ob die genannten Kulturspezifika bereits international bekannt und somit schon automatisch an die Zielsprachenkultur angepasst sind, oder ob sie für die Zielsprachenleser neu sind. Der Übersetzer muss sich entscheiden, ob er den Querverweis übernimmt, einen entsprechenden Text der Zielsprache einsetzt oder die Intertextualität ganz weglässt (193 f.).
Menéndez Fillola und López Valero geben zu bedenken, dass Intertextualität nur seine Wirkung erzielt, wenn sie vom Leser erkannt wird (vgl. Menéndez Fillola / López Valero, 1997:12). Als erstes muss der Übersetzer jedoch selbst die Anspielungen im Ausgangstext verstehen. Dies ist besonders schwierig, wenn er Muttersprachler der Zielsprache ist. Hat er sie erkannt, besteht die Schwierigkeit darin, zu entscheiden, wie er die Intertextualität übersetzt (s. o.). Hinzu kommt, dass er evtl. noch eine mögliche Mehrfachadressiertheit mit einbeziehen muss (vgl. Fischer, 2006:196). Viele Kinderbücher sind bspw. sowohl für jüngere und ältere Kinder als auch für Erwachsene geschrieben, was sich daran zeigt, dass bestimmte Botschaften nur von Erwachsenen, jedoch nicht von Kindern, verstanden werden. Denise von Stockar erwartet, dass diese doppelte oder mehrfache Kodierung vom Übersetzer erkannt und umgesetzt wird (vgl. Rutschmann / von Stockar, 1996:26 f.).
Quellen:
Fischer, Martin, (2006), Konrad und Gurkenkönig jenseits der Pyrenäen. Christine Nöstlinger auf Spanisch und Katalanisch, Frankfurt am Main, Peter Lang GmbH
Menéndez Fillola, Antonio; López Valero, Amado, (1997), “Nuevos cuentos viejos. Los efectos de la transtextualidad”, in: CLIJ 90, 1/1997, 7-18
Rutschmann, Verena; von Stockar, Denise, (1996), Zum Übersetzen von Kinder- und Jugendliteratur, Lausanne, Centre de traduction littéraire Université de Lausanne