Von Plagiaten hört man oft im Rahmen von Abschluss- oder Doktorarbeiten: Dabei werden fremde Texte, Formulierungen oder Ideen übernommen, ohne dass dies (ausreichend) gekennzeichnet und die Quelle korrekt und vollständig genannt wird. Plagiate sind mal besser und mal schlechter zu erkennen. Gerade Übersetzungsplagiate können hier Schwierigkeiten machen.
Was ist ein Übersetzungsplagiat?
Bei einem Übersetzungsplagiat wird Text aus einer Fremdsprache in die eigene Sprache übersetzt, ohne dass dies als Zitat oder fremde Idee gekennzeichnet wird. Wer plagiiert, fühlt sich bei der Übersetzung oft besonders sicher, da schließlich nicht der genaue Wortlaut des Originals übernommen, sondern eine Eigenübersetzung angefertigt wird. Üblicherweise wird hier von einem Vorsatz ausgegangen, der entsprechend geahndet wird. Gerade Schüler oder junge Studenten nutzen ein Übersetzungsplagiat teils aus Unkenntnis über die Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens, teils aus Überforderung und Leistungsdruck (Nissen, S. 200/202).
Viele Hochschulen haben mittlerweile Informationen zu Plagiaten, die öffentlich zugänglich sind. Auch die Freie Universität Berlin nennt das Übersetzungsplagiat im Rahmen ihres Plagiat-Leitfadens und nennt Beispiele. Gerade im wissenschaftlichen Kontext ist es bei fremdsprachigen Quellen durchaus zulässig, diese im Original zu zitieren oder sie (mit Kennzeichnung) zu übersetzen oder zusammenzufassen.
Übersetzung als Plagiat
Auch Übersetzungen können urheberrechtlich geschützt sein, sind es sogar oft. Mehr dazu lesen Sie in unserem Beitrag „Urheberrecht bei Übersetzungen“. Das ist insbesondere bei der Neuübersetzung literarischer Werke relevant. Diese können ein anderes Textverständnis aufzeigen, Werke in eine andere Zeit übertragen oder versuchen, den Stil des Autors besser in die Zielsprache zu übertragen. Teilweise ist es bei der Neuauflage von Texten auch günstiger, eine neue Übersetzung zu beauftragen als die Rechte an einer bereits bestehenden zu erwerben (vgl. Fáy, 2016).
Dass Übersetzungen sich ähneln können, ist normal – ganz gleich werden sie nie klingen. Wird bei einer Neuübersetzung aber eine bereits bestehende Übersetzung als Grundlage genommen und „lediglich“ bearbeitet, ist das entsprechend zu kennzeichnen (vgl. Kroeber, 2013). Bei einer eigenständigen Neuübersetzung können zwar ebenfalls prägnante Begriffe einer anderen Übersetzung aufgegriffen werden oder bestimmte Passagen ähnlich wirken, jedoch haben Übersetzer bei ihrer Neuübersetzung meist eine bestimmte Intention, durch die sich die neue Fassung gravierend von der alten unterscheidet.
Wie mit dem Urheberrecht von Übersetzungen bzw. eigenen Schöpfungen im Einzelnen umgegangen wird und wurde, ist höchst unterschiedlich – Gesetze bezüglich des Urheberrechts gibt es in Deutschland aber schon lange und bereits im „Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken“ von 1870 werden Übersetzungen behandelt.
Übersetzungsplagiate prüfen und erkennen
Zweifelsohne ergeben sich durch die aktuellen technischen Möglichkeiten und die fortschreitende Entwicklung der KI verstärkt die Chancen, Plagiate anzufertigen und zu erkennen. Dass abgeschriebene Übersetzungen nicht erkannt werden, ist unwahrscheinlicher als früher – allerdings nur dann, wenn die Dokumente digitalisiert sind und so der Plagiatssoftware zur Verfügung stehen. Schließlich gleicht diese Daten ab, die sie nutzen kann. Bei alten, nicht digitalisierten Literaturübersetzungen von Klassikern ist es möglich, dass darauf kein Zugriff besteht.
Wer mit der Neuübersetzung eines aktuelleren Werks beauftragt wird oder sich selbst dafür entscheidet, fertigt diese meist aus einem bestimmten Grund an – schließlich soll eine Übersetzung Verständigungsprobleme lösen. Das Abschreiben früherer Übersetzungen ist daher ohnehin nicht zielführend.
Plagiate und KI
Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich durch die – auch künftig zu erwartende – verstärkte Nutzung von KI wie Chat-GPT, die in Zukunft einer Art Ghostwriting ähneln könnte, und eventuell mit Paraphrasierungen arbeitet, welche die originäre Herkunft der Ideen und Gedanken verschleiert. Hier könnten also bei akademischen Arbeiten Plagiate entstehen.
Auch bei der Nutzung von Übersetzungssoftware können Ergebnisse entstehen, die identisch mit anderen sind. Dieses Risiko scheint ebenfalls wieder vor allem im schulischen und akademischen Bereich relevant – beispielsweise bei Übersetzungsaufgaben, bei denen bekannte (und vermutlich in der KI erfasste) Texte genutzt werden. Für professionelle Übersetzer kann KI zwar in vielerlei Hinsicht hilfreich sein, da aber die meisten Übersetzungen erstmalig angefertigt werden, ist ein „Abschreiben“ ohnehin nicht möglich.
Trotzdem gilt: Möglicherweise muss das Verständnis des Begriffs „Plagiat“ neu überdacht und definiert werden, um sowohl Anwendern dieser Software als auch deren Kunden oder akademischen Prüfern Sicherheit zu geben.
Quellen:
- Fáy, Tamás: „Über die Neuübersetzung“ (2016), unter https://www.ubersetzungszentrum.de/blog/156-neuuebersetzungen, zuletzt abgerufen am 07.06.2023.
- Freie Universität Berlin: „Plagiate“ (2022), unter: https://wikis.fu-berlin.de/display/leitfaden/Plagiate, zuletzt abgerufen am 07.06.2023.
- Kroeber, Burkhart: „Dreistes Plagiat einer Klassiker-Neuübersetzung, das hundert Jahre lang nicht entdeckt worden ist“, unter: https://uebersetzerwerkstatt-erlangen.de/dreistes-plagiat-einer-klassiker-neuuebersetzung-das-hundert-jahre-lang-nicht-entdeckt-worden-ist/, zuletzt abgerufen am 07.06.2023.
- Kroeber, Burkhart: „Neuübersetzungen von Klassikern“ (2013), unter https://uebersetzerwerkstatt-erlangen.de/neuuebersetzungen-von-klassikern/, zuletzt abgerufen am 07.06.2023.
- Limburg, A., Mundof, M., Salden, P., Weßels, D.: „Plagiarismus in Zeiten Künstlicher Intelligenz“ (2022), unter: https://zfhe.at/index.php/zfhe/article/view/1678/1078, zuletzt abgerufen am 07.06.2023.
- Nissen, M.: „Plagiaterkennung und Plagiatvermeidung an Universitäten und Bibliotheken“ (2012), unter: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/23505/1/Nissen_2012_Plagiaterkennung_und_Plagiatvermeidung.pdf, zuletzt abgerufen am 07.06.2023.