Immer dann, wenn nicht alle an einem Verfahren beteiligten Personen oder Parteien die Gerichtssprache (hinreichend) sprechen, kommt in Deutschland ein Gerichtsdolmetscher zum Einsatz. Das ist nach Schätzungen des Berufsverbands der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) in jedem fünften Gerichtsverfahren der Fall. Ein Gerichtsdolmetscher überträgt die mündlichen Äußerungen der Verfahrensbeteiligten so akkurat wie möglich – und steht dabei gleich vor mehreren Herausforderungen.
Um bei einem Verfahren dolmetschen zu dürfen, muss der Dolmetscher in Deutschland vereidigt sein. In einigen Bundesländern werden darüber hinaus spezielle Prüfungen oder Weiterbildungen gefordert. Die Beeidigung kann aber auch vor Ort erfolgen – gerade bei seltenen Sprachen und Einsätzen außerhalb des eigenen Bundeslandes ist das oft der Fall.
Schwierigkeiten für Gerichtsdolmetscher
Für Dolmetscher gilt das gleiche wie bei juristischen Fachübersetzungen: Wer vor Gericht dolmetscht, muss sowohl ein guter Dolmetscher als auch juristisch bewandert sein. Dabei reichen Kenntnisse des deutschen Rechtssystems nicht aus, sondern auch Recht und Kultur der Arbeitssprache sind entscheidend für die erfolgreiche Tätigkeit.
Viele Gerichtsdolmetscher haben dabei einen Fokus auf bestimmte Fachbereiche wie Asylrecht, Scheidungsrecht oder Wirtschaftsrecht. Außerdem müssen sie stressresistent sein, Zusammenhänge schnell erkennen und Neutralität wahren. Nicht zuletzt sind sie zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Unterschiedliche Rechtssysteme und Kulturen
Eine besondere Herausforderung für Gerichtsdolmetscher sind unterschiedliche Rechtssysteme und Kulturen. Konzepte und Begriffe, die in der deutschen Rechtssprache gebräuchlich sind, gibt es in anderen Kulturkreisen nicht. Dort wiederum können Sitten herrschen, die mit dem deutschen Rechtssystem nicht vereinbar sind. Als Gerichtsdolmetscher müssen diese Punkte bei der sprachlichen Übertragung berücksichtigt werden, denn nicht nur für Verfahrensbeteiligte können solche Klärungen hilfreich sein – auch dem Gericht können Hintergründe helfen.
Dolmetscher vor Gericht geben die ursprünglichen Aussagen so originalgetreu wie möglich wieder. Sorgfalt ist dabei besonders wichtig, denn Details dürfen nicht ausgelassen oder geschönt werden, der Gerichtsdolmetscher interpretiert oder bewertet die Aussagen von Angeklagten oder Zeugen nicht.
Ebenfalls entscheidend ist die Wortwahl, dazu gehören auch das Dolmetschen von Jargon und die Umschreibung von Begriffen, die es in der anderen Sprache nicht gibt.
Beauftragung von Gerichtsdolmetschern
Gerichtsdolmetscher arbeiten nur in sehr wenigen Fällen festangestellt, sondern werden bei Bedarf von den Gerichten beauftragt. Häufig sind passende Dolmetscher hier in Datenbanken hinterlegt, damit sie im Bedarfsfall angesprochen werden können.
Eine Suche ist auch über das Portal justiz-dolmetscher.de möglich.