Zum Inhalt springen

Wörter ohne Plural

Es gibt Dinge, die gibt es nur einmal. Darum haben wir in der deutschen Sprache für sie keinen Plural. Solche Unikate sind Michelangelos „David“, das Kolosseum in Rom oder Angela Merkel. Da es sie nur einmal gibt, ist es logisch, dass es für diese Bezeichnungen keine Pluralform gibt. Doch was ist mit Gold, Gesundheit oder Obst? Schließlich ist das nicht einzigartig.

Nicht immer einmalig: Singulariatantum

Solche Begriffe heißen Singulariatantum (aus lat. singularis ‚einmalig‘ und tantum ’nur‘) und sind quer durch unsere Sprache verteilt. Manchmal sind es abstrakte Wörter wie „Chaos“, „Nichts“ oder „Glanz“ – aber auch ganz konkrete Begriffe wie „Gold“ oder „Milch“ haben keine Pluralbezeichnung. Bei derartigen Substanzen müssen wir uns hier mit Portionen behelfen und sprechen von „Goldbarren“ und „Milchpackungen“.

Auch Kontinua wie „Regen“ und „Staub“ sind nicht gut zählbar, es bleibt also bei einer Singularform. Um ein einzelnes Phänomen zu beschreiben, sprechen wir dann von „Regenguss“ oder „Staubwolke“ (die sowohl im Singular als auch im Plural existieren). Getreide und Geflügel hingegen sind Sammelbegriffe, die auch im Singular schon den Plural meinen.

Singulariatantum sind nicht immer logisch erklärbar und häufig durch die sprachliche Entwicklung entstanden.

Das andere Extrem: Wörter ohne Singular

Umgekehrt gibt es auch Substantive, die nur im Plural gebräuchlich sind – für die es also keine Singularform gibt. Für „Eltern“, „Leute“ oder „Ferien“ haben wir im Deutschen keine unmittelbar passende Einzahl, das nennt man Pluraliatantum. Wir können nur „Elternteil“, „Person“ oder „Ferientag“ sagen. Auch geographische Begriffe oder Lehnwörter können Pluraliatantum sein, etwa „Alpen“ oder „Spaghetti“.

Achtung: Verwechslungsgefahr

Schließlich gibt es noch Wörter, bei denen Singular- und Pluralformen nichts mit der Bedeutung zu tun haben. So bezeichnet die „Kost“ eine Speise – die „Kosten“ hingegen sind Ausgaben. Die „Maser“ kann bei Holz oder Marmor auftreten, die „Masern“ sind allerdings eine Krankheit. Über den Unterschied zwischen Wörtern und Worten und die damit verbundene Verwechslungsgefahr bei Übersetzungen sind wir bereits eingegangen.

Das Phänomen von Wörtern ohne Singular oder Plural kennt man übrigens auch in anderen Sprachen. Im Englischen sind beispielsweise „trousers“ oder „scissors“ nur als Pluralformen gebräuchlich, meinen aber nur eine Hose oder eine Schere. „Homework“ oder „housework“ allerdings gibt es als Wort nur im Singular, auch wenn Schüler Hausaufgaben in unterschiedlichen Fächern erhalten oder der Boden regelmäßig gewischt werden muss.

6 Gedanken zu „Wörter ohne Plural“

  1. Die meisten Singulariatantum (oder auch lt. Duden Singularetantums) lassen sich durch Zusammensetzung mit „Pluralwörtern“ auch als Mehrzahl ausdrücken (Getreidesorten, Tageswetter…). Voraussetzung dafür ist aber, dass sich der Bedeutungsinhalt (hier von Getreide und Wetter) nicht verändert. Problematisch wird es bei Wörtern, deren Bedeutung sich analog grundlegenden Veränderungen in den Realitäten des Lebens prinzipiell verändert.
    Ich nehme das Wort „Heimat“, das weder in Ihrer Beispielsammlung noch in anderen zum Schwerpunkt „Singulariatantum“ vorkommt. Über Jahrhunderte (wahrscheinlich sogar viel länger) beinhaltete das Wort „Heimat“ die Geburtsregion samt Lebensart und Werten sowie sprachlicher und weiterer kultureller Prägungen. Spätestens in den letzten 200 Jahren haben sich mit der „explodierenden“ Industriegesellschaft die Zwänge, aber auch die Möglichkeiten zur Mobilität im bis dahin nicht vorstellbaren Maß erhöht, und das betrifft die regionalen, nationalen, internationalen und transkontinentalen Wanderungen. Auch die elektronischen Medien tragen zur Überwindung von Grenzen und Abschottungen gravierend bei. Die Sesshaftigkeit der früheren Jahrhunderte ist für sehr, sehr viele Menschen längst vorbei, und das eigene Verhalten, die Werte, die Sprache, die Traditionsbilder usw. wurden und werden im Laufe des Lebens – des privaten bis zu dem ganzer ethnischer Gruppen, bedingt durch Privates, die berufliche Tätigkeit bis hin zu Flucht und Vertreibung – unterschiedlich und durchaus auch gegensätzlich geprägt. Kurz: Der Begriff der Heimat verliert seine einstige Bindungs-Singularität, und einen offiziellen Plural gibt es nicht. Ich – um ein Beispiel zu geben – habe die ersten 28 Jahre meines Lebens im heutigen Sachsen-Anhalt verbracht, zuletzt mit Frau und Kindern. Seit 50 Jahren lebe ich in Berlin und habe hier die stärksten Prägungen erfahren. 45 Jahre habe ich in Ostdeutschland (und 40 davon in der DDR) verbracht, und nun lebe ich schon wieder 33 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland. Ist nun Köthen in Sachsen-Anhalt meine Heimat oder Ost-Berlin oder die wiedervereinigte deutsche Hauptstadt? Oder: Wenn ich längst – was ich schon lange so sehe – Berlin als meine Heimat betrachte, ist das nun eine Entscheidung gegen die Stadt meiner Geburt, Kindheit, Jugend und ersten Berufs- und Familienjahre?
    Mein Fazit aus dieser Replik auf das Singularetantum „Heimat“: Analog zu den Realitäten des Lebens sollten wir uns von der inhaltlich engen Begrenzung auf Geburtsort und regionale Prägung lösen und zulassen, dass Heimat immer in der Dimension von Zeit und Raum zu sehen und dass es normal ist, mehrere „Heimate/Heimats“ zu haben. Was übrigens auch dem großen politischen und gesellschaftlichen Anliegen der Integration von Zugewanderten entsprechen würde und die längst ein gegenseitiger Prozess ist (oder zumindest sein sollte).. Und da das heutige Phänomen „Heimat“ nicht mehr mit der bisherigen Deutung übereinstimmt, lässt sich auch ein Plural durch Wortkombinationen (Heimatländer) nicht adäquat bilden. Ich finde, dass wir das Fehlen eines Plurals als Handlungsaufforderung verstehen sollten. Vielleicht könnten Sie Ihre Kontakte zur Dudenredaktion nutzen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Peter-Rudolf Zotl

  2. Laut Duden darf man durchaus reden von den Nichtsen wenn Mensch gemeint sind, die keinerlei Achtung genießen, oder von Milchen, von Stäuben und vielen Regen, sogar von einem Elter oder einem Leut. So viele falsche Angaben in einem Artikel finde ich nicht mehr legitim. Das ist schlechte Recherche.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert