Zum Inhalt springen

Wort des Jahres: Welche „Ehrungen“ gibt es?

Als „Wort des Jahres“ in einem bestimmten Bereich gekürt zu werden, ist eine zweifelhafte Ehre. Oft geht es um Begriffe, die das vorangehende Jahr besonders stark dominiert haben – und das nicht immer im Positiven.

Bekannte und unbekannte Wörter des Jahres

Zum Anglizismus des Jahres 2020 ernannt wurde beispielsweise „Lockdown“, weil es sich schnell im Sprachgebrauch etabliert habe und sogar in zusammengesetzten Begriffen wie „Lockdown-Lockerungen“ vorkomme. Beim Anglizismus des Jahres geht es ausdrücklich darum, englische Begriffe in der deutschen Sprache als Bereicherung zu sehen und dementsprechend zu würdigen.

Berichtet haben wir bereits über das Wort des Jahres (2021: „Wellenbrecher“, 2020: „Corona-Pandemie“), das Unwort des Jahres (2021: „Pushback“, 2020: „Rückführungspatenschaften“ & „Corona-Diktatur“) oder das Jugendwort des Jahres (2021: „Cringe“).

Aber wussten Sie, dass auch regionalsprachliche Wörter gekürt werden? Seit 2015 kürt der Lusatia-Verband das Oberlausitzer Wort des Jahres (2021 u.a. „Brutränftl“). Das sächsische Wort des Jahres wird seit 2008 von der Ilse Bähnert Stiftung bestimmt (2021: „Daheeme“). Dabei wird in Sachsen sogar noch unterschieden: Beliebtestes Wort (eben „Daheeme“), schönstes Wort („Dunsel“), bedrohtes Wort („schooflich“) und aus der Sonderkategorie Reisen: „Boofen“.

Ebenfalls schön:

  • Oberfränkisches Wort des Jahres: „Erpfl“ – versuchen Sie sich mal an der Aussprache … genau: die Kartoffel (also der Erdapfel) ist gemeint!
  • Rheinland-Pfälzisches Wort des Jahres: bislang nur 2015 gekürt: „Hahngate“, der Skandal um den Flughafen Frankfurt-Hahn

Bei all diesen Ehrungen geht es immer darum zu zeigen, wie schön und vielfältig Sprache sein kann – nicht darum, die Wortbedeutung oder gar die Sprache selbst zu bewerten.

Wer bestimmt die „Preisträger“?

Wie der jeweilige Begriff festgelegt wird, ist unterschiedlich, schließlich sind auch die Institutionen sehr unterschiedlich, die solche Worte küren. Mal sind es Verlage, mal Verbände, mal Vereine … Nicht alle Ehrungen werden von Jurys vorgenommen – teilweise gibt es (mehr oder weniger geregelte) Abstimmungen. Häufig können Bürger aber Vorschläge einreichen.

Das Wort des Jahres wird von einer Jury gewählt, die sich aus Mitgliedern der Gesellschaft für deutsche Sprache zusammensetzt: dem Hauptvorstand und den wissenschaftlichen Mitarbeitern. Auch beim Unwort des Jahres gibt es eine Juryentscheidung. Hier besteht Jury beispielsweise aus fünf festen Mitgliedern: vier Sprachwissenschaftlern und einer Journalistin. Dazu kommt im jährlichen Wechsel ein weiteres Mitglied, das sprachinteressiert und im Kultur- und Medienbetrieb aktiv ist. Es handelt sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit.

Das Jugendwort des Jahres wird üblicherweise in Abstimmung gewählt. 2021 beispielsweise hat der Langenscheidt-Verlag aus vielen Einsendungen drei Vorschläge für das Jugendwort des Jahres ausgewählt und dann zur Abstimmung gestellt. Beim Sächsischen Wort des Jahres gibt es einen Mix aus Internetabstimmung für das beliebteste Wort des Jahres und Juryentscheidung für die weiteren Kategorien.

Deutschsprachiges Ausland: Andere Würdenträger

Das Wort des Jahres gibt es aber bei weitem nicht nur in Deutschland oder in einzelnen Regionen, die ihren Dialekt lieben. Auch in anderen deutschsprachigen Ländern gibt es derartige Ehrungen – die mal für Bundesbürger wunderbar zu verstehen sind, mal politisch oder gesellschaftlich stark mit dem entsprechenden Land verbunden sind.

In Österreich war das „OE-Wort des Jahres“ 2021 beispielsweise „Schattenkanzler“, das Unwort „Querdenker“ und beim Jugendwort blieb man sich mit Deutschland einig: „Cringe“. Zudem werden hier auch der Spruch des Jahres und der Unspruch des Jahres gekürt.

In Luxemburg blieb es in den zwei Jahren seit Verleihung des Wort des Jahres medizinisch: 2020 gewann „Corona“, 2021 ist „Boostern“ das Wuert vum Joer. Liechtenstein kürz sein Wort des Jahres schon etwas länger (2021: „Zertifikat“) und kennt ebenfalls einen Satz des Jahres, dazu kommt eine Zahl des Jahres. Und auch in der Schweiz kommt man um Corona nicht herum: „Impfdurchbruch“ ist der fragwürdige Sieger im deutschsprachigen Raum. Außerdem dürfen Schweizer auch über das französische, italienische und rätoromanische Wort des Jahres abstimmen. Dazu kommt beispielsweise noch das Finanzwort des Jahres: „Greenwashing“.

Das Südtiroler Wort des Jahres wurde seit 2013 nicht mehr vergeben.

Nicht nur ein Wort des Jahres: Englischsprachiger Raum

Wörterbuchverlage wie Langenscheidt oder der Duden sind auch in Deutschland in die Ehrung um Wort des Jahres involviert – wen wundert es also, dass es in anderen Ländern ebenso ist?

Für die englische Sprache gibt es gleich mehrere Wörter des Jahres, die eben von unterschiedlichen Verlagen ausgerufen werden. Die gleiche Bedeutung für die englische Sprache wie das deutsche Wort des Jahres haben sie wohl also nicht.

2021 dürfen sich über ihre Bedeutung für die englische Sprache freuen:

  • „perseverance“ (Cambridge Dictionary), etwa: Ausdauer oder Beharrlichkeit
  • „vax“ (Oxford Dictionary), Abkürzung für „vaccine“, Impfstoff
  • „vaccine“ (Merriam-Webster)
  • „NFT“ (Collins Dictionary), Abkürzung für „non-fungible token”, ein einzigartiges digitales Kennzeichen/Objekt

Sie sehen also: Wörter gibt es viele, Wörter des Jahres etwas weniger – und inwiefern sie tatsächlich bedeutend für unseren Alltag sind, ist doch sehr unterschiedlich. Wenn Sie sich für die einzelnen (teils zweifelhaften) Ehrungen interessieren, schauen Sie doch bei den jeweiligen Initiatoren vorbei.

Hier finden Sie mehr dazu:

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert